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Schwittys Fahrradtour87 Teil 2

Fahrradtour durchs Nettetal

Von Latum bis Dülken Teil 2

Weiter geht es in Richtung Latum hinter dem Rhein. Von nun an meint es das Wetter wirklich gut mit uns Miniabenteurern.


Die Strecke ist flach und gut zu meistern. Kalle lobt noch lautstark die Fahrradwege - zwanzig Meter weiter enden sie abrupt. Wir lassen uns dennoch nicht den Spaß verderben. Jede Kirche die wir von weitem sehen, läßt unser Herz höher schlagen, nicht aus religiösen Gründen - nein - wo eine Kirche ist, gibt es auch eine Gaststätte oder zumindest einen Kiosk. Hunger haben wir Dank der Brötchenrationen nicht, aber Durst - großen Durst. Im Ort fragen wir einen jungen Mann nach einem Geschäft, der uns auf seinem Fahrrad mit den Armen gestikulierend kreuz und quer den Weg weist. Wir folgen seiner Beschreibung und erreichen einen Lebensmittelladen, der in keinem Verhältnis zur Größe des Ortes steht. Wir sind wirklich erstaunt - reinste Großstadtqualität. Ich kaufe Toilettenutensilien und erkundige mich an der Kasse nach Unterbringungsmöglichkeiten. Zwei Adressen werden mir freundlich ausgehändigt.


Am nächsten Kiosk - erstaunlicherweise fragen wir dieses Mal nur - empfiehlt man uns die erste vorgezeigte Adresse.

Das Lokal ist nobel, nur vom Feinsten, erste Sahne. Gaststätte ’’Haus Latum’’ lese ich auf der Visitenkarte, die wir auf dem Tresen finden. Eichenwände, Eichentheke und Eichentische alles Eiche. Wir nehmen an einem der Tische Platz und ich schiele vorsichtig auf die Speisekarte in der ich zufällig Einblick habe, weil zwei Gäste lesend am Nebentisch sitzen. Die Wirtsleute hingegen fixieren uns unauffällig, denn ich habe lautstark unsere eingeplante finanzielle Tagesration in Erinnerung gebracht. Da ich, wie bereits erwähnt, ein Organisationstalent bin, habe ich unsere zur Verfügung stehenden Summe durch vierzehn Portionen geteilt, zwei Wochen Camping- und Fahrradurlaub waren ursprünglich vorgesehen, tatsächlich wurden es acht Tage Pension- Sauf- und Fahrradferien. Meines Erachtens habe ich geflüstert, die Reaktion der vornehm gekleideten Bedienung lehrt mich eines besseren. Kalle macht mich darauf aufmerksam, mein Organ ein bisschen zu dämpfen, oder besser gesagt, nicht so laut zu reden. Seine Lieblingsdevise besagt grundsätzlich: dies ist kein Kneipengespräch. Ich höre es während unseres Zusammenseins bei jedem Lokalbesuch. Als Postbeamter ist Diskretion kein Fremdwort für ihn. Nie habe ich ihn über andere lästern hören, nie Privatgespräche in einer Wirtschaft, nicht einmal in seiner Stammkneipe.





Wir zahlen und verlassen die noblen Räumlichkeiten, ohne den Preis der Zimmer in Erfahrung zu bringen.


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Die nächste Gaststätte sagt uns zu, sagt uns sogar außerordentlich zu. Eine überfüllte Kneipe mit lustigen Gästen und einen noch lustigeren Wirt, der gerade, wie wir später erfahren, von einer Kur zurückgekehrt ist, mit dem guten Vorsatz, das Trinken an den sprichwörtlichen Nagel zu hängen. Was hängen bleibt ist die Profitgier, denn der gute Wille wird mit einem Schlag zunichte gemacht. Die Runden, die wir ausgeben, sind doch zu verlockend. Die Spielautomaten, die mich immer wieder neu faszinieren, bringen uns Glück. Einhundert Freispiele gewinne ich und die Gäste an der Theke profitieren in Form von kostenlosem Freibier. Der Wirt ist so begeistert von den spendierfreudigen Gästen, dass er uns sein teuerstes Zimmer für den Preis des Billigsten überlässt. Voller Freude umarme ich seinen umfangreichen Bierbauch mit dem Versprechen, Rücksicht walten zu lassen und den bereits schlafenden Gästen ihre wohlverdiente Nachtruhe zu gönnen.

Erstaunlich, das ein harmloser Klosettdeckel in der Stille der Nacht einen derartigen Mordslärm verursachen kann. Kalle versucht vergeblich den Deckel aufzustellen, damit er bequem sein kleines Geschäft abwickeln kann. Auf den Gedanken, eine Hand zur Hilfe zu nehmen, kommt er nicht. Wofür er beide Hände braucht, weiß ich bis heute nicht.


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Krachend kehrt die Klobrille immer wieder in die vorherige Position zurück. Nach dem dritten lautstarken Versuch erinnert uns der Wirt an unsere Vereinbarung, weil unsere Zimmernachbarin sich beschwert. Da diese offensichtlich nicht zu den Freibier trinkenden Gästen gehörte, fehlt ihr die sogenannte Bettschwere. Sonst gibt es nämlich keine weiteren Reklamationen.

Spätmorgens werden wir wach. Mit Schrecken entdecke ich Kalles Schürfwunden im Gesicht. Die Säule an seiner Bettseite wurde ihm zum Verhängnis.



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Normalerweise übersieht man sie im nüchternen Zustand nicht, doch offensichtlich hat er sie ignoriert oder ganz einfach nicht wahrgenommen. Ich habe also nicht nur Glück im Spiel, sondern auch im realen Leben - jedenfalls heute. Auf meiner Bettseite befindet sich kein Hindernis.

Doch auch diese mittlere Katastrophe kann uns nicht erschüttern. Nach einem Frühstück, das mit Leichtigkeit sechs Personen kulinarisch befriedigt hätte und einigen Gläsern Bier - schließlich sind Ferien - ziehen wir weiter.



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25 September 1987
Wir radeln ausgiebig zwei Stunden in Richtung Meerbusch.



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Zugegeben - weit sind wir noch nicht gekommen! Heute ist der 25 September 1987. Unsere finanzielle Lage hat sich trotz Freirunden zu unseren Gunsten positiv verbessert, so freuen wir uns des Lebens. Jedenfalls haben wir vierzig Mark mehr im Geldbeutel als am Tag zuvor - trotz diverser Ausgaben. Eigentlich müsste ich meinem Organisationstalent treu bleiben und unseren Tagesbedarf neu berechnen, mir fehlt aber jegliche Orientierung. Ansonsten habe ich allgemein Schwierigkeiten mit diesem mir nicht vorhandenen Sinn - dem Orientierungssinn - aber heute fehlt mir auch der intellektuelle Überblick. Eigentlich verwechsele ich rechts mit links, heute verwechsle ich sogar oben mit unten. Bin ich etwa schicker? Das mir? Egal! Weiter geht's!



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Den Vorsatz, unser Zelt irgendwo aufzuschlagen, müssen wir aufgeben. Trotz Sonnenschein friert Kalle erbärmlich. Fett wärmt bekanntlich und ersetzt den Mantel. Mir ist warm fast heiß.

Hinter Meerbusch stationieren wir in der erstbesten Pension die unseren Weg kreuzt. Gastellchen Viersen - Dülken verrät uns die Postkarte am Empfang.


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